
Tibor Fischers zweiter Roman Ich raube, also bin ich. Die Eddie Coffin Story hat zugegebenermaßen einen etwas kalauermäßigen deutschen Titel. Aber das macht nichts, denn der Übersetzer hat sich ansonsten echt ein Bein ausgerissen.
Und das passiert: Ein fetter, stinkfauler, alkoholabhängiger englischer Philosophie-Professor Mitte 50 muss aus old Britannia fliehen, weil er einen nicht unerheblichen Geldbetrag unterschlagen hat. Mit einem Koffer voller Geld landet er in Südfrankreich, um sich dort mit exzellentem Wein zu Tode zu saufen. Dummerweise geht der Koffer mit sämtlichen Besitztümern in Feuer auf und mit ihm die hehren Pläne des guten Eddie.
Gestrandet in einem furchtbar miesen Hotel, begegnet der abgebrannte Philosoph seinem zukünftigen Kompagnon Hubert – seines Zeichens ein einarmiger, einbeiniger, HIV-positiver Bluter und Kleinkrimineller. Weil Eddie keine andere Möglichkeit sieht, an Geld zu kommen, leiht er sich Huberts Kanone und überfällt die nächste Bank. Das klappt dermaßen reibungslos, dass der beeindruckte Hubert vorschlägt, ein philosophisches Bankräuberduo zu gründen. Und da der Professor sowieso nichts mehr zu verlieren hat, ziehen die beiden gescheiterten Existenzen das Ganze in großem Stil auf.
Die Geschichte wird dann einfach immer nur noch irrsinniger und es gelingt mir auch an einem guten Tag nicht, alle Stränge verständlich zusammenzufassen. Das eigentlich Schöne an diesem Buch ist aber seine Sprache. Tibor Fischer hat ein unverwüstliches Faible für Wortspiele, Kalauer, seltsame Vokabeln mit dem Buchstaben 'Z' und allerlei idiotische Beleidigungen.
Eingestreut in die Haupthandlung sind (wie kleine schwarzweiße Juwelen) herrliche Anekdoten aus der Lebensgeschichte des Professors. Das ist zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach den ersten Seiten hat man es kapiert. Ich fand es ziemlich herzerwärmend, wie Hubert in einer Kneipe die Unterlippe eines Ghettokids an den Tresen nagelt oder Eddie von einem LKW-Fahrer dazu gezwungen wird, bei dessen Masturbation behilflich zu sein.
Ein hübscher Irrwitz, ein Roadmovie, ein Roman über Freundschaft und große Gedanken, ein Kommentar zu Prügeleien auf offener Straße, eine Frage nach dem Sinn des Lebens. Passt alles. Ich selbst hab das Buch mehrfach durch und wurde schon in den unpassendsten Situationen kichernd angetroffen (Bestattungsinstitut. Ja, doch!), da mir gerade der ein oder andere Satz in den Sinn kam.
Im Original gelesen, ist Ich raube, also bin ich außerdem prima geeignet, um Leute zu beeindrucken, sollte man das wirklich nötig haben (mal ehrlich, mit englischen Harry Potter-Ausgaben gewinnt man ja keinen Blumentopf mehr). Ich jedenfalls habe so was manchmal nötig, und bin mir nicht zu schade, mein klägliches Ansehen mit passender Literatur aufzubügeln, wenn es denn sein muss.